Die Immissionsbelastung in Uffeln Mitte

Ein zunehmendes Problem

Mitte 2010


Verteilung Geruchsimmissionen lt. Gutachten "Schirz"

Die Vorgeschichte

Das "Schirz-Gutachten"

Bereits in den 1990er Jahren liefen in Uffeln Bestrebungen, weitere Baumöglichkeiten zu schaffen. Dazu fasste die Stadt Ibbenbüren ins Auge, den alten Bebauungsplan Nr. 028 für die Tegelmann-Siedlung wieder „zu beleben“. Der „fertige“ Bebauungsplan Nr. 028 war Ende der 1960er Jahre nicht in Kraft getreten, da die Bezirksregierung wegen Mängeln in der Abwasserbeseitigung ihre Zustimmung verweigert hatte. Der Plan war dann „liegen geblieben“ und die Tegelmann-Siedlung trotzdem gebaut worden.
Nun sollte dieser Plan also wieder aufleben. Inzwischen hatte sich die Immissionsbelastung in Uffeln Mitte durch die Landwirtschaft aber so verschärft, dass die Stadt im Hinblick auf die geltenden Immissionsschutz-Bestimmungen ein Gutachten zur Immissionsschutzsituation in Auftrag gab. Der beauftragte Prof. Dr.-Ing. Stephan Schirz legte sein Gutachten 1996 vor. Darin stellte er Folgendes fest (Zitat):

Anhand der Ergebnisse …. wurde verdeutlicht, daß schon im Ist-Zustand hohe Immissionsbelastungen in der Umgebung – insbesondere in den vorhandenen Wohnhäusern – vorliegen. Dieses bedeutet, daß eine Erweiterung der landwirtschaftlichen Betriebe nur in Verbindung mit einem entsprechenden technischen Aufwand zur Emissionsminderung möglich ist…….Konkret bedeutet das, daß der Plan nur realisierbar ist, wenn die Landwirte technische Zusatzmaßnahmen in ihre Anlagen einbauen, denen die Landwirte zustimmen müssen. Eine solche Leistung ist im allgemeinen nur dann zu erreichen, wenn den Landwirten ihre Zusatzmaßnahmen für die angemessene Erweiterung gezahlt werden.“
Der Karte oben sind die prozentualen Geruchshäufigkeitswerte für 1996 in Uffeln Mitte zu entnehmen, wie sie in dem Gutachten ohne Berücksichtigung des Hofes Fries festgestellt wurden. Die gerissene Linie zeigte dabei die andachte Erweiterung des Bebauungsplanes. Die Werte lassen eine Wohnbebauung (max. 10% Belastung) nicht zu. Allenfalls bei einer Ausweisung als Dorfmischgebiet (max 15% Belastung) wäre eine Bebauung mit Wohnhäusern möglich gewesen.
Nach einer Versammlung in Uffeln, in der die Ergebnisse diskutiert wurden, stellte die Stadt die Arbeit am Bebauungsplan Nr. 028 ein. Ihrer Ansicht nach waren die festgestellten Belastungswerte für eine Wohnbebauung zu hoch und zu einer Übernahme der Kosten für technische Zusatzmaßnahmen in den Ställen war die Stadt nicht bereit.

Die landwirtschaftlichen Betriebe dürfen trotzdem erweitern
Trotz der durch das Schirz-Gutachten festgestellten vorhandenen zu hohen Immissionsbelastung der Wohnbebauung in Uffeln Mitte, wurden in den Folgejahren den landwirtschaftlichen Betrieben die bei der Stadt gestellten Bauanträge für neue Ställe und Stallerweiterungen bzw. Umnutzungen genehmigt. Im Rahmen des Bebauungsplanes Nr. 037 -Industriegebiet Uffeln-Ost- wurde durch die Stadt parallel der Bau von einigen Wohnhäusern am westlichen Rand der Tegelmann-Siedlung gestattet. Aber der Unmut in der Bevölkerung von Uffeln Mitte über die zunehmende Geruchsbelastung wuchs.
Im Jahr 2010 führte der Interessen-Verein Gespräche mit den Uffelner Landwirten hinsichtlichen deren Bereitschaft auf freiwilliger Basis emissionsreduzierende Maßnahmen vorzunehmen. Diese Bemühungen waren allerdings nicht erfolgreich.

Der Interessen-Verein wendet sich an den Kreis Steinfurt

Der Landwirt T. beantragte im Jahr 2010 beim Kreis Steinfurt den Bau eines Schweinemaststalles auf dem Uffelner Esch mit 4216 Mastplätzen. Das erforderliche Geruchsgutachten berücksichtigte damals nicht den Einfluss der Emissionen des Stalles auf Uffeln-Mitte und die Tegelmann-Siedlung, da die Siedlung mehr als 600 m vom geplanten Stall entfernt liegt. Die Baugenehmigung für den Stall wurde durch den Kreis letztlich nach dem BImSchG erteilt. Inzwischen hatte auch ein westlich der Siedlung gelegener Landwirt von der Stadt Ibbenbüren eine Genehmigung für die Umnutzung und Erweiterung seiner Mastanlage bekommen. Einwohner der Tegelmann-Siedlung wandten sich an den Interessen-Verein mit der Bitte um Unterstützung. Dies war der Anlass für den Interessen-Verein, sich an den Kreis Steinfurt zu wenden. Ziel war es, den Kreis zu bewegen, ein Geruchsgutachten in Auftrag zu geben, das alle Einflüsse aus der Landwirtschaft auf Uffeln Mitte und die Tegelmann-Siedlung berücksichtigt. Diese fehlende Gesamtschau war aus Sicht des IVU der Mangel aller bisherigen Gutachten bzw. Prognosen. Der IVU konnte die Verantwortlichen beim Kreis nach etlichen Gesprächen überzeugen. So erhielt die Landwirtschaftkammer im Januar 2012 den entsprechenden Auftrag und Dipl.-Ing Martin Kamp erstellte die Geruchsprognose.

Geruchsprognose 2012 - Geruchsbelastung ist zu hoch

Die Geruchsprognose lag im November 2012 vor. In ihr waren nachweislich erstmalig alle auf Uffeln Mitte wirkenden Emissionsquellen landwirtschftlichen Ursprungs erfasst. Und das Ergebnis bestätigte die Erwartungen des IVU und die subjektiven Eindrücke der Einwohner von Uffeln Mitte. Die Geruchsbelastung war deutlich zu hoch. Der Kreis stellte die Geruchsprognose dem Interessen-Verein zur Verfügung und gestattete ihm, die wesentlichen Ergebnisse zu veröffentlichen.

Bei der Bewertung und dem Vergleich mit den Werten von 1996 aus dem Schirz-Gutachten ist zu berücksichtigen, dass sich die gesetzlichen Bestimmungen inzwischen im Jahre 2008 durch eine Änderung der Geruchsimmissinsrichtlinien (GIRL) durch Einführung eines "tierartspezifischen Gewichtungsfaktors" (Schweine z. B. 0,75) gelockert hatten. Kurz gesagt, was bei Gerüchen aus Schweinehaltung vor 2008 13% Belastung waren (max. zul. Wert für Wohnbebauung sind 10%) sind nach der Änderung wieder 10% und damit als Belastung für für Wohnbebauung zulässig.Der zulässige Grenzwert ist durch diesen Gewichtungsfaktor also nach oben gesetzt worden.

Raster Geruchsstundenhäufigkeit Geruchsprognose 2012

Die nebenstehende Karte zeigt die in dem "Kamp-Gutachten" im Jahr 2012 ermittelten Belastungswerte für Uffeln Mitte. Sie liegen trotz der Faktorisierung (siehe Kasten) höher als die Werte aus dem Jahr 1996 im Schirz-Gutachten. Nimmt man z. B. das Raster am Pfarrheim, so lag dort die Belastung 1996 bei 27 %, 2012 waren es 29%, ohne Faktorisierung wären es ca. 40% gewesen. Also eine um gut ein Drittel höhere Belastung
Für den Interessen-Verein war dies eine alarmierende Entwicklung. Beeinträchtigen die mit der hohen Geruchsbelastung einhergehenden sonstigen Emissionen wie Ammonik und Feinstäube die Wohnqualität und ggf. die Gesundheit doch unmittelbar. Um die Frage zu klären, wie es dazu kommen konnte und wie mit der Situation umzugehen sei, organisierte der Interessen-Verein im Mai 2013 ein Info-Veranstaltung im Saal Helmer. Alle Uffelner sowie Vertreter der Stadt Ibbenbüren und des Kreises Steinfurt waren eingeladen. Das Interesse in Uffeln war groß, der Saal voll. Dipl.-Ing. Kamp erläuterte seine Geruchsprognose. Am Ende stand das Eingeständnis der Vertreter von Stadt und Kreis, dass die Belastung einerseits die zulässigen Grenzwerte deutlich überschreitet. Andererseits die Landwirte für ihren Betrieb, der zu diesen Belastungen führt, alle notwendigen Bau- und Betriebsgenehmigungen besitzen. Eigentlich ein unmöglicher Zustand. Eine Lösung für dieses unerklärliche Problem gab es nicht.

Aktualisierung der Prognose im Jahr 2016

Im Jahre 2015 erteilte der Interessen-Verein den Auftrag an den Gutachter Dipl.-Ing. Martin Kamp, seine Geruchsprognose aus dem Jahre 2012 auf der Basis der im Jahr 2015 genehmigten „Verhältnisse“ zu aktualisieren. Die Kosten trug der Interessen-Verein.
Als im Jahre 2015 der Interessen-Verein mit allen Bürgermeisterkandidaten Gespräche zu Problemen im Ortsteil Uffeln führte, kam auch die Geruchsbelastung in Uffeln Mitte zur Sprache. Der spätere Bürgermeister Dr. Schrameyer sagte dazu Die genehmigten Baumaßnahmen genießen in der Regel Bestandsschutz. Bei einer Maßnahme wäre ich mir da nicht mehr so sicher. Was rechtlich zur Verbesserung der Situation möglich ist, muss gemacht werden. Bei Baugenehmigungen muss man zukünftig genau hinsehen. Ich bin bereit, mich in der Sache weiterhin einzusetzen und den Prozess zu moderieren.“

Im Frühjahr 2016 legte Dipl. – Ing. Martin Kamp seine aktualisierte Geruchsprognose vor. Das erstaunliche Ergebnis: die Belastung war teilweise weiter gestiegen.
Offensichtlich war es bis 2015 zu weiteren Genehmigungen gekommen.
In der Folgezeit wurde dieses Ergebnis in Gesprächen mit dem neuen Bürgermeister Dr. Schrameyer vom IVU immer wieder angesprochen. Der von ihm zu diesem Thema in Aussicht gestellte runde Tisch mit den Uffelner Landwirten, moderiert vom Bürgermeister, kam nicht zustande.
In der Frage der Reduzierung der vorhandenen Geruchsbelastungen ist so in den letzten Jahren kein Fortschritt mehr erzielt worden.

Allerdings ist die Genehmigungspraxis der Stadt Ibbenbüren deutlich restriktiver geworden. So hat die Stadt Ibbenbüren den im Jahr 2013 beantragten Stall am Friedhof bzw. den Ersatzantrag für einen Stall auf demselben Flurstück am Friedhof nicht genehmigt. Die gerichtlich vom Antragsteller angefochtene Entscheidung der Stadt ist inzwischen vom OVG Münster bestätigt worden und rechtskräftig.